Geht es nach einer Studie der Staatsbank KfW verspüren Mittelständler deutlich weniger Problemdruck, offene Fachkräftestellen zu besetzen, als in der Öffentlichkeit vielfach diskutiert. Wie das Mittelstandspanel zeigt, erwartet zwar ein Viertel der befragten Mittelständler in den Jahren 2010 bis 2012 Stellenbesetzungsschwierigkeiten. Zugleich sieht aber weniger als 1 Prozent der Unternehmen in der Deckung des Fachkräftebedarfs eine zentrale Herausforderung bis 2012.
Selbst bei Mittelständlern, die explizit angeben, Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Fachkräften zu haben, sehen nur 3 Prozent dies zentrale Herausforderung bis 2012. Der Studie zufolge sind vielmehr die Erschließung neuer Kundensegmente, die Verbesserung der Umsatz- und Ertragssituation sowie die generelle Neuausrichtung der Unternehmensstrategie derzeit die wichtigsten Herausforderungen für mittelständische Unternehmen.
Die Analyse der Studie macht deutlich, dass die Ursachen von Stellenbesetzungsproblemen sehr heterogen sind. So stellt zum Beispiel eine zu geringe Bewerberzahl in den gesuchten speziellen Berufsbildern insbesondere für größere Mittelständler und für Unternehmen aus den technologieorientierten Branchen vergleichsweise häufig eine Ursache für Rekrutierungsschwierigkeiten dar. Im Unterschied hierzu beklagen kleine Unternehmen, aber auch innovative Mittelständer sowie Unternehmen mit einem überdurchschnittlichen Anteil höher qualifizierter Mitarbeiter, überdurchschnittlich häufig das Fehlen von Bewerbern mit spezifischen Zusatzqualifikationen. Neben Neueinstellungen, können auch innerbetriebliche personalpolitische Maßnahmen, etwa eine verstärkte Weiterbildung des eigenen Personals oder eine gezielte Nachwuchsförderung durch ein entsprechendes betriebliches Ausbildungsangebot dazu beitragen, den Fachkräftebedarf zu decken. Eine detaillierte ökonometrische Analyse belegt jedoch, dass Mittelständler, die über Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fachkräften berichten, nicht häufiger innerbetriebliche Maßnahmen ergreifen als Mittelständler ohne derartige Schwierigkeiten. Dies stützt die Vermutung, dass der Problemdruck von Stellenbesetzungsschwierigkeiten im Mittelstand zum Zeitpunkt der Befragung noch relativ schwach ist.
Der Chefvolkswirt der KfW, Dr. Norbert Irsch, kommentiert die Studie: „Ein genereller flächendeckender Fachkräftemangel scheint aus Sicht der mittelständischen Unternehmen noch nicht das vorrangige Problem zu sein. Allerdings gibt es in bestimmten Segmenten Stellenbesetzungsschwierigkeiten, die in den betroffenen Unternehmen die weitere Expansion erschweren. Zudem wird sich die Problematik eines ausreichenden Fachkräfteangebots im Zuge des demografischen Wandels und des damit einhergehenden Rückgangs der erwerbsfähigen Bevölkerung zunehmend – besonders deutlich ab dem Jahr 2020 – verschärfen. Im Wettbewerb um Fachkräfte sind deshalb diejenigen Unternehmen im Vorteil, die bereits heute geeignete personalpolitische Maßnahmen ergreifen. Gleichzeitig ist es eine vorrangige gesellschaftliche und politische Aufgabe, die Qualität des Bildungssystems in Deutschland weiter zu verbessern.“
Die Studie „Fachkräftemangel im Mittelstand: generelles oder partielles Problem?“ ist auf der Website der KfW in der Kategorie „Research“ abrufbar.