Wirtschaftskriminelle sind oft langjährige Mitarbeiter in Führungsposition – einfache Gegenmaßnahmen werden nicht ergriffen

24. August 2011 | Von | Kategorie: Betriebspraxis

Männlich, Mitte 30 bis Mitte 40, langjähriger Mitarbeiter und in einer Führungsposition: so sieht der typische Wirtschaftskriminelle laut einer internationalen KPMG-Studie aus. Schwerpunkt ist dabei vor allem im Finanzbereich oder Vertrieb. Der durchschnittliche Schaden pro Fall liegt bei 1 Million Euro.

Für die Studie wurden rund 350 Delikte aus 69 Ländern einschließlich Deutschland untersucht. In drei von vier Fällen (74 Prozent) haben die Täter laxe interne Kontrollen ausgenutzt – ein Anstieg um 25 Prozentpunkte gegenüber der letzten Untersuchung im Jahr 2007. „Das ist ein Alarmzeichen“, findet KPMG-Partner Frank M. Hülsberg. Die Studie zeigt weiter, dass der „typische“ Täter, weil er oft lange im Unternehmen und in der Hierarchie relativ weit oben ist, hohes Vertrauen genießt. „Er kennt die Prozesse in- und auswendig und kann Kontrollmechanismen dadurch viel leichter außer Kraft setzen“, beschreibt Hülsberg das Täterprofil, das auch auf deutsche Fälle zutrifft. Die wenigsten Mitarbeiter kommen nach seiner Erfahrung allerdings schon mit dem Vorsatz ins Unternehmen, einen Betrug zu begehen oder sich auf Kosten des Unternehmens zu bereichern. „Oft führen Veränderungen der persönlichen Lebensumstände oder Frustration und Leistungsdruck dazu, einen Betrug zu begehen“, so Hülsberg.

Kriminelle Handlungen zeichnen sich der Studie zufolge häufig im Vorfeld ab. So wurden weltweit in 56 Prozent der Fälle Warnsignale ignoriert, ein auch für Deutschland typisches Verhaltensmuster. Als solche Signale werden bspw. überraschende, exzessive Lebensstile von Kollegen und offensichtliche „über den Verhältnissen leben“ angegeben. Oder wenn sich jemand partout weigert, in Urlaub zu gehen – aus Angst vor Entdeckung. Laut der Studie wurden jedoch nur 6 Prozent aller Hinweise verfolgt, ein Rückgang um fast 20 Prozentpunkte gegenüber der vorherigen Untersuchung. „Das ist umso fataler, als die ganz überwiegende Mehrheit der Betrüger, nämlich 96 Prozent, Mehrfachtäter sind“, so Hülsberg.

Werden kriminelle Handlungen aufgedeckt, erfolgt meist keine Kommunikation nach außen. Die Studie zeigt sogar, dass in mehr als der Hälfte der Fälle auch die Mitarbeiter nicht informiert wurden. Frank Hülsberg: „Das ist eine vertane Chance mit Blick auf Prävention. Das Management muss sich in allen Ländern der Welt klar und eindeutig zu einer Null-Toleranz-Haltung gegenüber Regel- und Gesetzesverstößen bekennen. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Unternehmenskultur. Damit unterstützt man die Einführung ethischer Richtlinien und Standards und schafft Akzeptanz für die Installation solider Kontrollmechanismen.“ Ein nach KPMG-Erfahrung wirksames und relativ kostengünstiges Mittel, um kriminellen Handlungen im Unternehmen entgegenzusteuern, sind den Angaben zufolge unangekündigte Stichprobenprüfungen.

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