Die Stärkung der Rechte von Verbrauchern ist seit über zehn Jahren eines der zentralen Leitmotive sowohl des europäischen wie auch des deutschen Gesetzgebers. In den letzten Jahren sind die Rechte von Verbrauchern in vielen Bereichen gestärkt worden, etwa in ihrer Rechtsstellung gegenüber Banken (Verbraucherdarlehen), beim Abschluss von Verträgen in Privatwohnungen (Haustürgeschäfte) oder über das Internet (Fernabsatzrecht). Diese Regelungen sind anwendbar auf den Verbraucher, der in einen geschäftlichen Kontakt mit einem Unternehmer tritt. Für den Vertragspartner ist dies mit weitreichenden Folgen verbunden, da – je nach Art des Geschäfts und seinem Zustandekommen – formale Anforderungen wie bestimmte Belehrungs- und Hinweispflichten zu erfüllen sind, ein Widerrufsrecht des Kunden besteht oder bestimmte inhaltliche Klauseln (z.B. Gewährleistungsausschlüsse) unwirksam sein können.
In einer Reihe von Beiträgen soll im Folgenden der Anwendungsbereich dieser Vorschriften näher beleuchtet werden. Wir beginnen mit zwei Entscheidungen zum Fernabsatz und zum Verbrauchsgüterkauf.
Persönlicher Anwendungsbereich: Unternehmer und Verbraucher
§ 13 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) definiert den Verbraucher als eine „natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“. Entsprechend ist Unternehmer nach § 14 BGB eine Person, die „im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit“ handelt.
Diese Definitionen ermöglichen allerdings nicht in jedem Fall eine sichere Abgrenzung. So kommt es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Vertrages darüber, ob Verbraucherschutzvorschriften Anwendung finden, ob etwa der Kunde den Vertrag nachträglich widerrufen kann.
Widerrufsrecht für Verbraucher im Fernabsatz
So hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahre 2009 über folgenden Fall zu entscheiden: Die Beklagte des Streitverfahrens verkaufte Lampen über einen Webshop. Ihre Kundin, eine Rechtsanwältin, hatte drei Lampen für rund 800 € bestellt, wollte diese aber später zurückgeben und berief sich auf ein Widerrufsrecht für Verbraucher nach § 312d BGB. Sie berief sich darauf, sie habe die Lampen für ihre Privatwohnung bestellt. Nach dieser Vorschrift kann ein Verbraucher, der bei einem Unternehmer über das Internet Waren einkauft (im sogenannten Fernabsatz), den Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen; er kann dann die bestellte Ware zurückgeben und erhält den Kaufpreis zurück.
Für den Verkäufer ist ein Widerruf nachteilig, da er nicht nur auf den bereits erhofften Gewinn verzichten muss, sondern Gefahr läuft, beschädigte Ware zurückzuerhalten. Der Verkäufer verweigerte daher die Rücknahme und argumentierte, die Kundin sei hier keine Verbraucherin, da sie als Versandadresse ihre Geschäftsanschrift angegeben hatte. Allerdings lautete die Rechnungsanschrift auf die Privatanschrift der Kundin. Damit war zweifelhaft, ob die Lampen wirklich für die Kanzlei bestimmt waren.
Der BGH urteilte, die Kundin könne den Vertrag widerrufen. Natürliche Personen handelten im Zweifel immer als Verbraucher; etwas anderes soll nach der Entscheidung nur gelten,
wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handele. Dies war hier nicht der Fall, da eine private Rechnungsanschrift angegeben worden war (BGH, Urteil vom 30.09.2009 – VIII ZR 7/09).
Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses im sogenannten Verbrauchsgüterkauf
Gibt es damit eine erste Orientierung dafür, wann der Kunde Verbraucher ist, bleibt zu klären, wann der Verkäufer als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB anzusehen ist. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn Verträge im Geschäftsbereich eines Unternehmens abgeschlossen werden, wenn etwa ein Versandhandel Ware an Kunden verkauft oder. Doch auch bei untypischen Geschäften kann der Verkäufer als Unternehmer einzustufen sein, wie ein weiterer vom BGH entschiedener Fall zeigt:
Dort hatte ein Verbraucher unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung einen Gebraucht-Pkw gekauft, der sich nach dem Kauf als mangelhaft herausstellte. Verkäufer war eine GmbH, die allerdings nicht im Bereich des Pkw-Handels tätig war. Der Käufer hielt den Gewährleistungsausschluss unwirksam gemäß § 475 BGB, der nur für den sogenannten Verbrauchsgüterkauf gilt. Ein solches Geschäft liegt vor, wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft. Da der Käufer als Privatperson Verbraucher war, konnte zweifelhaft nur sein, ob der Verkäufer beim konkreten Verkauf als Unternehmer tätig war. Nach § 14 BGB würde dies voraussetzen, dass er „im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit“ gehandelt hätte. Der Pkw-Verkauf gehörte hier aber gerade nicht zu seinem üblichen Geschäftsbereich.
Dennoch stufte ihn der BGH als Unternehmer ein und erklärte in der Folge den Gewährleistungsausschluss für unwirksam (BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 215/10). Die Richter begründeten dies mit § 344 Handelsgesetzbuch (HGB): Nach dieser Vorschrift gelten die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte „im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig“. Daher gehöre der Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH an einen Verbraucher im Zweifel zum Handelsgewerbe. Die Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf sind danach also nicht nur auf gewerbliche Kfz-Händler anzuwenden.
Der Beitrag wird fortgesetzt.