Das Aus für Double-Opt-In?

10. Januar 2013 | Von | Kategorie: Kommunikation, Steuern und Recht

Ende September 2012 sorgte eine Entscheidung des OLG München für Unruhe, in der das so genannte „double-opt-in“-Verfahren bei der Bestellung von E-Mail-Newslettern als unzulässige Werbung beurteilt wurde.

Hintergrund der Entscheidung vom 27.09.2012 (29 U 1682/12) war folgender Sachverhalt: Die klagende Steuerberatungsgesellschaft machte gegen das beklagte Anlageberatungsunternehmen Unterlassungsansprüche geltend. Die Klägerin hatte im Februar 2011 von der Beklagten eine automatisch versandte E-Mail erhalten. Darin war ein Link angegeben, den der Empfänger anklicken sollte, um das Abonnement eines Email-Newsletters zu bestätigen. Die Empfängerin behauptete, diese E-Mail ohne ihre vorherige Einwilligung erhalten zu haben, denn sie habe den Newsletter der Beklagten niemals abonnieren wollen. Sie nahm die Beklagte vor Gericht auf Unterlassung in Anspruch und hatte in zweiter Instanz vor dem OLG München Erfolg. Das Oberlandesgericht beurteilte die Bestätigungs-Email als unverlangt zugesandte Werbung, die Beklagte wurde zu Unterlassung und Schadensersatz verurteilt.

Hintergrund

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt es eine „unzumutbare Belästigung“ dar, Werbung per E-Mail zu verschicken, wenn nicht eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Bisher entsprach es üblicher Praxis, diese Einwilligung – insbesondere im Zusammenhang mit E-Mail-Newslettern – über das so genannte double-opt-in einzuholen. Unternehmen bieten dazu auf ihrer Webseite  Interessenten die Möglichkeit an, einen Newsletter zu abonnieren. Der Besucher muss hierzu seine E-Mail-Adresse in ein Eingabefeld eintragen und einen mit „Abonnieren“ oder ähnlich beschrifteten Button betätigen. Er erhält dann eine automatisch generierte E-Mail, in der ein Link angegeben ist, der zum Bestätigen des Abonnements angeklickt werden muss. Erst dann, wenn dieser Link aufgerufen wird, ist die E-Mail-Adresse des Empfängers für den Newsletter eingetragen und dieser erhält nun Emails, je nach Ausrichtung des Newsletters auch solche mit werbendem Inhalt.  Ignoriert der Empfänger hingegen die automatische E-Mail, erhält er keine weiteren Nachrichten des Absenders.

Diese Vorgehensweise war von der Rechtsprechung seit Jahren gebilligt und akzeptiert worden, auch wenn es im Einzelfall vorkommen konnte, dass eine Bestätigungsmail an einen Empfänger verschickt wurde, der einen Newsletter nicht wünschte. So hatte das Landgericht Berlin im Jahre 2007 entschieden, es sei dem Betreiber einer Webseite, auf der im Double-Opt-In-Verfahren ein Newsletter abonniert werden konnte, nicht zuzumuten, einen Missbrauch dieser Funktion in jedem Einzelfall auszuschließen. Denn die Beeinträchtigung des Empfängers einer (nicht gewünschten) Bestätigungs-Mail sei nur gering und nicht schwerwiegender als im Falle einer beliebigen falsch adressierten Email. Solche Nachteile habe jeder, der durch Einrichtung einer Email-Adresse am Email-Verkehr hinnimmt, als sozialadäquat hinzunehmen (LG Berlin, Urt. v. 23.01.2007 – 15 O 346/06).

Die Entscheidung des OLG München bricht nun mit dieser Tradition: Die Bestätigungs-Email, die der Klägerin ohne ihren Willen zugesandt worden sei – so das Gericht – sei eine Werbe-Email und damit unzulässige, da belästigende Werbung. Zwar enthalte die Email selber noch keine Werbeaussagen, sie diene aber der Vorbereitung des Versands eines Newsletters, mit dem die Beklagte ihre Dienstleistung (Anlageberatung) darstelle und damit ihre Umsätze mehren wolle. Damit bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Bestätigung-Email und dem (Werbe-)Newsletter.

Sollte sich die Auffassung des OLG München durchsetzen, wäre dies das Ende für double-opt-in. Denn der Newsletter-Anbieter müsste immer befürchten, dass eine Bestätigungs-Email auch an Personen oder Unternehmen geschickt werden könnte, die einen Newsletter nicht wünschen. Für einen solchen unerwünschten Versand reicht es aus, wenn ein Seitenbesucher irrtümlich oder böswillig eine nicht ihm gehörende E-Mail-Adresse in das Bestellformular einträgt. Der Empfänger einer solchen unverlangt zugesandten E-Mail könnte gegen den Absender Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen, die sich aus Wettbewerbsrecht (§ 7  UWG) oder nach den Grundsätzen des sogenannten Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§§ 823, 1004 BGB) ergeben. Hierfür ist kein Wettbewerbsverhältnis zwischen Absender und Empfänger der Email erforderlich, daher konnte auch im vorliegenden Fall eine Steuerberatungsgesellschaft Ansprüche gegen ein branchenfremdes Unternehmen aus dem Bereich der Anlageberatung geltend machen.

Der Versender könnte sich allein mit dem Nachweis zur Wehr setzen, der Empfänger habe die Bestätigungsmail selbst angefordert. Ein solcher Nachweis wird in der Praxis allerdings nicht zu führen sein. Technisch könnte eine Einwilligung des Empfängers nur dann nachgewiesen werden, wenn sich (durch Speicherung der IP-Adresse und Zuordnung zu einem Anschluss) zeigen ließe, dass das Bestellformular tatsächlich vom Inhaber der E-Mail-Adresse ausgefüllt worden war.

Wenig überraschend wird die Entscheidung des OLG München überwiegend abgelehnt. Die Kritik setzt insbesondere an der Wertung des OLG an, die Bestätigung-E-Mail sei wegen des „unmittelbaren Bezuges“ zu den Dienstleistungen des Versenders Werbung. Dies überzeugt nicht, wenn sich der Inhalt der Email wie hier auf Anweisungen beschränkt, wie der Empfänger das Abonnement abschließen kann. Damit steht für den Versender nicht das Ziel der „Absatzförderung“ im Mittelpunkt, sondern der eher technische Abschluss eines Kommunikationsprozesses.

Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil des OLG München Bestand haben wird. Der Beklagte des dortigen Verfahrens versucht derzeit (Stand: 09. Januar 2013), das Verfahren im Wege einer sogenannten Anhörungsrüge fortzusetzen. Unabhängig hiervon ist fraglich, ob andere Gerichte sich diesem Münchener Sonderweg anschließen werden.

Unternehmern, die weiterhin das Abonnement von Newslettern per double-opt-in anbieten wollen, sollten jedenfalls folgendes beachten:

  • Die Bestätigungs-Email sollte möglichst knapp gehalten sein und keine werbenden Inhalte oder Angaben enthalten; die erforderlichen Mindestabgaben zur Kennzeichnung des Absenders sind aber dennoch erforderlich.
  • Der Zeitpunkt, zu dem das Bestellformular ausgefüllt wurde, der Inhalt der Eintragungen und ggf. die IP-Adresse des Rechners, von dem aus das Formular aufgerufen wurde, sollten beim Versender protokolliert werden. Auf den Umstand der Speicherung der IP-Adresse muss der Seitenbesucher allerdings vorab hingewiesen werden.

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