Hurra – Wir haben geerbt !

11. März 2013 | Von | Kategorie: Steuern und Recht

Gewiss ein schöner Gedanke; aber wann können Sie über Ihr Erbe verfügen?
Oder – wer hat noch geerbt? Oder – gibt es ein Testament? Oder – muss ich auch Schulden übernehmen? Oder – wie hoch ist die Erbschaftssteuer? Oder – was muss ich unternehmen, um überhaupt an das Erbe heran zu kommen?
Alles Fragen, die einen Erst-Mal-Erben bei der Beantwortung zur Verzweiflung treiben können.
Drum sehen wir uns die einzelnen Frage-Komplexe näher an.

Habe ich überhaupt geerbt?

Das ist die grundsätzliche Frage. Liegt ein Testament vor, oder tritt die gesetzliche Erbfolge ein? Und wo finde ich das Testament? Liegt es im Nähkästchen, oder in der Nachttischschublade, zwischen der Wäsche, beim Notar, oder oder oder. Haben Sie es endlich gefunden, wissen Sie noch lange nicht, ob es noch gültig ist. Vielleicht wurde es widerrufen, und ein neueres liegt irgendwo. Selbst wenn Sie überzeugt sind, dass Sie der einzige Erbe sind – weil Sie es so vom Erblasser = Verstorbenen gehört haben – können Sie mit „Ihrem Erbe“ noch lange nicht machen, was Sie wollen.

Erst muss ein sog. „Erbschein“ her, den Sie vom zuständigen Nachlassgericht erhalten. Selbst über das Geld bei den Banken können Sie nicht ohne weiteres verfügen, um laufende Nachlassverbindlichkeiten oder die Beerdigungskosten zu bezahlen. Selbst wenn der Erblasser bei seiner Bank eine Vollmacht auf Sie veranlasst hat, mit der Sie nach seinem Tode über die Konten verfügen können, können Sie die Konten in keinem Falle leer räumen. Banken lassen Sie in der Regel auch nur dann „verfügen“, wenn eine notarielle Urkunde vorliegt. Aber wer hat die schon. Wenn Sie sich mit „Ihrem Erblasser“ gut verstehen, sollte das zu seinen Lebzeiten erledigt sein.
Spannender wird es, wenn kein Erbvertrag abgeschlossen wurde oder kein Testament vorliegt bzw. keines „gefunden“ wird: Es tritt die gesetzliche Erbfolge ein.

Dies sind seine Verwandte und/oder sein Ehegatte bzw. Lebenspartner bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (also nicht bei nur zusammen lebenden Menschen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts). Existieren diese nicht, erbt die Finanzverwaltung. Gibt es mehrere Erbberechtigte, entsteht eine Erbengemeinschaft. Zu deren Auseinandersetzung könnte ein Testamentsvollstrecker eingesetzt sein. Wer von den Verwandten wie viel erbt regelt die Rangfolge der Erben. Erben einer höheren Rangordnung schließen Erben einer niedrigeren Rangfolge aus. Fällt in den ersten drei Rangordnungen ein Erbe aus, treten an seiner Stelle die Erben seines „Stammes“.
1. Ordnung: Abkömmlinge des Erblassers, wobei Kinder zu gleichen Teilen erben.
2. Ordnung: Eltern des Erblassers bzw. bei Wegfall eines Elternteiles deren Abkömmlinge zu gleichen Teilen.
3. Ordnung: Grosseltern des Erblassers bzw. deren Abkömmlinge.
4. Ordnung: Urgroßeltern des Erblassers bzw. deren Abkömmlinge.
5. Ordnung: noch entferntere Verwandte des Erblassers bzw. deren Abkömmlinge.
Gleichwertig neben den Erben der 1.Ordnung sind gesetzlich die Ehepartner des Erblassers bzw. Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft eingesetzt. Sie erben ¼ des Erbes plus einem weiteren Viertel, falls die Eheleute in Zugewinngemeinschaft leben.
Sind weder Erben der 1. oder 2. Ordnung bzw. Großeltern vorhanden oder ausgefallen, erbt der Ehepartner alles.
Überwiegen die Nachlaßschulden die Erbmasse, besteht für jeden einzelnen Erben die Möglichkeit einer Erbausschlagung.

Die steuerlichen Grundlagen

Auch die steuerlichen Grundlagen können wegen der Beschränktheit des Platzes nur in den Grundzügen erläutert werden.

Erbschaftssteuerpflichtig ist der steuerpflichtige Erwerb im Falle des Todes durch die eingetretene Bereicherung auf dem Todestag bzw. dem Tag der Toderklärung (z.B. bei vermissten Personen). Je nach Art des steuerpflichtigen Erwerbes treten unterschiedliche Bewertungsgrundsätze ein, die es einem Laien unmöglich machen, selbst die richtige Bewertung vorzunehmen. Gleiches gilt selbstverständlich auch, wenn es um die zivilrechtliche Auseinandersetzung von mehreren Erben geht.

Schulden können nur in dem Umfange abgezogen werden, sofern sie nicht bereits in einer abgegrenzten Erbmasse mit einer eigenen Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind (z.B. vermietete/verpachtete Objekte, Gewerbebetriebe, Personen-/Kapitalgesellschaften).

Abzugsfähige Schulden sind im wesentlichen in § 10 Abs. 3-9 ErbStG geregelt
z.B. die „persönlichen“ Schulden des Erblassers + Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachte Pflichtteile + Kosten der Bestattung + die Kosten für die übliche Grabpflege mit einem Kapitalwert + Kosten des Erwerbers, die unmittelbar mit der Abwicklung, Regelung und Verteilung des Nachlasses in Verbindung stehen.

Vom steuerlichen Erwerb sind persönliche Freibeträge bzw. besondere Versorgungsfreibeträge abzuziehen. Die Höhe der Steuersätze wird mit Steuerklassen festgelegt.

Steuerklasse Personenkreis Freibetrag in €
I. Ehegatte, Lebenspartner (eingetragen) 500.000
Kinder + Stiefkinder 400.000
Kinder verstorbener Kinder, Stiefkinder 400.000
Kinder lebender Kinder, Stiefkinder 200.000
Weitere Abkömmlinge der Kinder, Stiefkinder 100.000
Eltern, Voreltern 100.000
II. Eltern, Voreltern, sofern nicht StKl. I, Geschwister,
Abkömmlinge 1.Grades der Geschwister, Stiefeltern,
Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedener Ehegatte, ehem. Lebenspartner 20.000
III. Lebenspartner (eingetragen) 500.000
Alle übrigen Erwerber, Zweckzuwendungen 20.000
Bei beschränkter ErbStPflicht 2.000


Besondere Versorgungsfreibeträge

Bei Erwerben von Todes wegen für Ehegatten, Lebenspartner 256.000
Für jedes Kind bis zu 5 Jahren 52.000
Gestaffelt bis zu 27 Jahren BIS 10.300

Steuersätze beim steuerpflichtigen Erwerb

% in der StKlasse I II III
Bis € 75.000 7 15 30
Bis € 300.000 11 20 30
Bis € 600.000 15 25 30
Bis € 6.000.000 19 30 30
Bis € 13.000.000 23 35 50
Bis € 26.000.000 27 40 50
Über € 26.000.000 30 43 50

Natürlich sind noch Sondervorschriften zu beachten (z.B. beim Erwerb von Betriebsvermögen) die Milderungsvorschriften wie eventuelle Progressionsvorbehalte bei z.B. Auslandssachverhalten.

Stundungsmöglichkeiten sind gegeben, die jedoch in Einzelfällen individuell verhandelt werden sollten.

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